History, Department of

 

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2014

Citation

Published in Das Lehnswesen im Alpenraum • Vassalli e feudi nelle Alpi, Geschichte und Region/Storia e regione, 22. Jahrgang, 2013, Helft 1 – anno XXII, 2013, n. 1, (Innsbruck, Wien, & Bozen/Bolzano: Studien Verlag, 2014), pp 109–136.

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Abstract

Bei Kriegsende 1945 blickte die Welt entsetzt auf das Ausmaß der NS-Verbrechen. Auf die Frage, wie konnte das geschehen und wer war verantwortlich für Völkermord und Krieg, verwies man meist auf eine kleine Clique (größen-) wahnsinniger Führer und ihre fanatische und mörderische SS-Gefolgschaft. Alle anderen - etwa die Angehörigen der Wehrmacht und der Waffen-SS - hatten mit den Verbrechen nichts zu tun, hieß es zumeist. Seit den 1990er Jahren hat sich diese Sichtweise in Deutschland und Österreich deutlich geändert. Das jahrzehntelange Schweigen der deutschen Gesellschaft während des Kalten Krieges bezüglich der NS-Täter wurde durchbrochen. Ausstellungen wie "Verbrechen der Wehrmacht" und Arbeiten wie Christopher Brownings Buch über "Ganz normale Männer"l und der Holocaust sowie in Österreich die Waldheim-Kontroverse führten zu einer differenzierteren Sichtweise. Die pathologische und dämonisierende Perspektive wurde durch eine neue Subdisziplin der Holocaustforschung - die Täterforschung - in Frage gestellt bzw. stark relativiert. Die neue Täterforschung untersucht vor allem auch die ",kleinen' Schwungräder des Genozids".2 Sie untersucht die Biographie, Sozialisation und Milieu von Tätern der mittleren und unteren Ebene in Wehrmacht, Polizei und anderen Säulen des Regimes. Im Folgenden wird die Geschichte und der Hintergrund einer solchen Gruppe von Südtiroler NS-Tätern dargestellt, die zwischen 1943 und 1945 zum SS-Unterdrückungsapparat in Italien gehörten. Die Beteiligung von Südtirolern in der "Bandenbekämpfung" ist in Italien heute zwar wenig erforscht aber hinlänglich bekannt, dennoch herrschte unter den Südtirolern jahrzehntelang das Bild der Tiroler südlich des Brenners als kollektives Opfer des italienischen Faschismus vor. Dies ist freilich nur ein Teil der historischen Wahrheit. Die Täter-Rolle nicht weniger Südtiroler im Nationalsozialismus wird dabei gerne übersehen. Stellt man in Rechnung, dass Südtirol in der nationalsozialistischen Großmachtplanung eine Schlüsselrolle einnahm, stellt sich die Frage, in wie weit Südtiroler sich von NS-Organisationen in Dienst nehmen ließen. Im folgenden Beitrag wird die Rolle des Sicherheitsdienstes der SS als "Nachrichtendienst, politische Elite und Mordeinheit"3 während der deutschen Besatzungsherrschaft in Italien beispielhaft an einigen Südtiroler Täterbiografien dargestellt.

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