Modern Languages and Literatures, Department of

 

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2009

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Published in Hölderlin-Jahrbuch 36 (2008-2009), Tübingen, 2009, pp. 265–270. Copyright © 2009 Hölderlin-Gesellschaft & Edition Isele.

Abstract

Mit dem dritten Jahre meines Aufenthalts in Tübingen war es aus. Das Übrige war oberflächlich, und ich hab' es genug gebüßt, daß ich noch die zwei lezten Jahre in Tübingen in einem solchen interesselosen Interesse lebte. (StA VI, 264)

So schrieb Hölderlin im Februar 1798 an seinen Halbbruder Carl Gok über seine ehemalige Tübinger Freundin Elise LeBret, die Tochter des Universitätskanzlers, die damals um die Rückgabe ihrer Briefe an Hölderlin gebeten hatte, wohl um sie zu vernichten und so für sich dieses Kapitel ihres Lebens endgültig abzuschließen. Von dieser späten Aussage ausgehend schrieb Adolf Beck seinen Aufsatz über Elise LeBret und die “holde Gestalt", in welchem er überzeugend darlegen konnte, dass jene unbenannte Frau, über die Hölderlin mit inniger, aber resignierter Bewunderung in zwei Briefen an Neuffer geschrieben hat, mit Elise LeBret, wie bisher in der Forschung “fraglos und einstimmig" angenommen, nicht identisch war. Mit Hinweis auf Hölderlins späte Aussage konnte Beck auch eine gewisse -- ihm wohl erwünschte -- psychologische Konsequenz seitens des jungen Dichters im Zusammenhang mit dieser Liebschaft konstatieren: War das Verhältnis zu Elise im Herbst 1791 schon “aus”, so konnte Hölderlins Herz für die Begegnung mit der lieblichen Stuttgarterin im Frühjahr 1792 offen sein. Innerhalb der, man möchte fast sagen, entelechischen Darstellung von Hölderlins Verhältnissen zum anderen Geschlecht in diesem Aufsatz wird dann den flüchtigen Begegnungen mit der “holden Gestalt" eine weit größere Bedeutung als dem langjährigen “interesselosen" Verhältnis zu Elise beigemessen, war doch der Dichter, so Beck, schon während der Tübinger Zeit “tastend unterwegs" gewesen “auf der Suche nach dem Namen deß, das Eins ist und Alles. Sein Name ist Schönheit." Nicht in Elise, sondern in der “holde[n] Gestalt" sei Hölderlin “eine[r] frühe[n] Schwester Diotimas" begegnet, die “fast schon heilig und hold wie sie” gewesen sei.

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